Mittwoch, 16. Juli 2014

Tanz für mich

Einer der größten noch lebenden deutschen Poeten, Mickie Krause, hat schon vor Wochen mit seinem viel beachteten Epos „Geh mal Bier holen, Du wirst schon wieder hässlich“ die perfekte Allegorie zum #Gauchogate veröffentlicht.

Geschichtsbewusst: Deutsche Nationalmannschaft
1. „Bier holen“ dürfte die beste Reaktion auf die Diskussion sein. Nichts ist passiert. Ein paar Sportler haben sich über einen Sieg gefreut und dabei mit Wort und Tanz zum Ausdruck gebracht, dass sie sich darüber gefreut haben und die Gegner geknickt waren. Kein übles Nachtreten (Argentinien hat bekanntlich verloren und das lässt sich nicht schönreden) und keine Beleidigung („Gaucho“ ist laut Wikipedia vergleichbar damit, einen Amerikaner als „Cowboy“ zu bezeichnen. Nicht wirklich passend, geschichtlich verklärt, aber auch nicht rassistisch). Der bescheidene Mensch freut sich still. Die Fußballer waren gestern nicht immer bescheiden. Schlimm schlimm …

2. Laut einiger Pressestimmen ist nun „der hässliche Deutsche“ zurück. Und dabei war ich gerade dabei mich seit Sonntagabend selber nett zu finden. Mist. Aber so ist es eben, wenn die Kraft des Bieres nachlässt, dann kommt sie wieder heraus, die böse Fratze des… ja, von was eigentlich? Da schreibt doch Daniel Martienssen im derFreitag (Kultur) allen Ernstes: „Wer 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges die deutsche Nation durch vermeintliche Überlegenheit – und sei es auch nur spielerisch – wiederbeleben will, sollte lieber einen Blick in die darauffolgende Geschichte werfen, statt den Schmähgesang in deutschen Fußballstadien zu internationalisieren.“ Mir fällt dazu nichts ein. Außer vielleicht, dass dann doch bitte auch im Rahmen von Sprüchen nach Schalke-Siegen gegen Dortmund wie „Die Macht im Pott sind wir“ auch an die schlimmen Ereignisse im 30jährigen Krieg erinnert wird. Ich war gestern in Berlin und habe mich nicht überlegen gefühlt. Nicht einmal der Kaiser hat dieses Mal behauptet, dass die deutsche Nationalmannschaft auf Jahre unschlagbar sei. Und der muss es wissen. Bitte schön den Kontext nicht ganz vergessen bei der Auslegung. Es hat eine andere Wirkung, ob Frau Merkel vor dem Sicherheitsrat sagt „Die Nummer Eins der Welt sind wir“ oder Fußballer auf einer Fanmeile weniger als 48 Stunden nach dem eigenen Gewinn der Weltmeisterschaft. Es ging um Fußball in Berlin und um nichts mehr! Wer die deutsche Nationalmannschaft zu Botschaftern politischer Einstellungen macht, der stellt zur nächsten WM auch Frau Merkel ins Tor und ihr Kabinett auf die 10 Plätze davor.

Ich hole mir noch ein Bier aus dem Kühlschrank… und etwas Popcorn. Das Sommerloch ist noch lang.

P.S.: Ich war selber am Dienstag in Berlin (hier ein YouTube-Video davon). Eine solch fröhliche, unaufgeregte, friedliche und Wir-haben-uns-alle-lieb-Stimmung habe ich selten erlebt – und das über viele Nationalitäten hinweg. Eine große Party.