ACHTUNG: Der folgende Text ist ausnahmsweise mal nicht ironisch oder satirisch gemeint. Dies sei nur zur Sicherheit erwähnt ...
Streitschrift für die FDP
Als am Sonntag klar wurde, dass die FDP aus dem Bundestag
fliegen würde, da gab es in meinen Twitter- und Facebook-Timelines zunächst nur
zwei Arten von Reaktionen: Häme und Spott. Dann kam die „eigentlich auch
schade“-Fraktion. Und schließlich folgte das große Schweigen.
Ich will jetzt hier eine Lanze für die FDP brechen. Nicht
unbedingt für die FDP der letzten Jahre, denn deren Schlingerkurs zwischen
Spaßpartei, Medienhype, Besserverdienern und „Es geht um Deutschland“ ist nicht
die Idee, weshalb ich die FDP mal wichtig fand. Auch irgendwelche Zahlen mit einem "+X" zu verkünden kann doch kein politisches Ziel sein, sondern ist reine Anpasserei.
Das tolle an der FDP war und könnte wieder sein: Ihre Idee und Vision.
Das tolle an der FDP war und könnte wieder sein: Ihre Idee und Vision.
Umschrieben wird dieses in der Presse immer wieder mit
„Liberalität“. Ein grausames Wort. Es hebe die Hand, wer wirklich versteht, was
damit eigentlich gemeint ist. Außerdem ist in F-D-P nicht ein einziges „L“
enthalten. „Liberal“ klang vielleicht früher mal gebildet – aber früher war
eben das Heute von damals.
Die Idee der FDP ist die Freiheit. Das vielleicht höchste
Gut, das wir in Deutschland haben. Natürlich wollen uns auch die anderen
Parteien nicht wegsperren. Aber darin steckt tatsächlich eine Vision, Etwas,
das die FDP von allen übrigen Parteien unterscheidet und was ihre Idee
unverzichtbar macht.
Nehmen wir mal den naivsten anzunehmenden Wähler. Der steht
nun am Sonntag in der Wahlkabine und denkt angestrengt darüber nach, wen er
wählen kann. Wahlprogramme hat er nicht gelesen, Berichterstattungen in
Zeitungen und Fernsehen über Rauten, Stinkefinger und Ketten hat er nicht
verfolgt. Dennoch hat er eine Idee, was die Parteien wollen könnten. Er weiß,
dass die CDU/CSU konservativ ist und das Bewährte bewahren will. Er weiß, dass
die SPD die Gemeinschaft im Blick hat und dass es gerechter zugehen soll. Er
weiß, dass die Linken wollen, dass es den Geringverdienern besser geht. Er
weiß, dass die Grünen die Umwelt schützen wollen. Aber was weiß er über die
FDP?
Ich weiß, was ich gerne möchte, was er wissen sollte.
Nämlich dass da eine Partei ist, die den Einzelnen im Blick hat, ungeachtet von
seinem Stand oder dessen Einkommen. Jeder Mensch soll die gleichen Chancen
haben und die Freiheit, selber über sich und sein Leben zu entscheiden. Das
bedeutet auch, dass jeder Mensch sein unveräußerliches Recht hat, eigene Fehler
auf dem Weg zur Rente zu begehen. Und zwar Fehler, die man machen darf und muss,
weil nur Fehler die Menschen und die Menschheit auch weiter bringen. Fehler bei
der Berufswahl, Fehler bei kritischen Unternehmensentscheidungen, Fehler bei
der Entwicklung neuer Idee, Fehler bei Investitionen. Konservative schützen
mich vor Fehlern, weil auf Bewährtes gesetzt wird. Soziale Parteien kümmern
sich so um mich, dass ich gar keine Fehler machen kann.
Aber wenn ich eine Welt möchte, in der Fehler nicht immer
falsch sind, sondern ein guter und sinnvoller Versuch auf dem Weg zu einer
besseren Welt, dann ist das für mich eine Welt voller Freiheit. Dazu gehört,
dass ich echte Rechte habe, dass ich unbeobachtet sein kann, dass ich mich für
das Wahrnehmen meiner Rechte nicht rechtfertigen muss und dass dieses für Alle
gilt, ungeachtet des Geschlechts, der Religion, der sexuellen Orientierung, der
Herkunft oder sonst etwas, was wichtig und richtig um Grundgesetz steht.
Das waren viele „Ichs“. Natürlich will ich auch keine Welt,
in der nur noch das „Ich“ gilt. Solidarität ist wichtig, insbesondere denen
gegenüber, die ihre Rechte aus welchen Gründen auch immer nicht so nutzen
können, wie es mir aus behütetem Haushalt und mit ordentlichem Einkommen
möglich ist. Man muss auch nicht alles auf den Kopfstellen und darf durchaus
das bewahren, was gut ist. Fehler auf Kosten Anderer müssen nicht akzeptiert
werden. Und die Umwelt ist auch wichtig. Aber eben auch die Freiheit des
Einzelnen.
Deshalb ist eine Partei wie die FDP so wichtig. Sie wird uns
allen fehlen. Vielleicht nicht unbedingt die real existierende FDP. Sehr wohl
aber die FDP der Zukunft – wenn alles gut geht. Denn auch die FDP darf Fehler
machen. Die bringen uns alle weiter. Alles wird gut … vielleicht sogar besser.
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