Auflösung vs. Datenschutz
Das Böse im Bereich Datenschutz hat einen neuen Namen. Waren
es bisher Facebook, die NSA oder auch die Schufa, so muss die Welt umdenken.
Ein neuer Stern ist aufgegangen und niemandem ist es bewusst: Nokia.
Pessimisten sahen ja bisher in Google Glass ein Problem.
Medienwirksam verboten erste Restaurants Trägern dieser Brille den Zutritt,
obwohl es sie eigentlich noch gar nicht auf dem Massenmarkt zu kaufen gibt. Als
Risiko wird dabei weniger gesehen, dass der Träger unerkannt gerade auf der
langweiligen Familienfeier einen Film sieht und deshalb so abwesend wirkt. Die
reelle Gefahr ist die ständige Aufnahmebereitschaft mit der eingebauten Kamera.
Google-Glass-Träger neben einem an der Pinkelrinne … keine schöne Vorstellung.
Doch das ist gar nichts gegen den real existierenden
Datenschutzirrsinn von Nokia. Der hört nämlich auf den Namen Lumia 1020, ist
ein Handy und kann Fotos mit 41 Megapixeln machen. Cool sagt da der Gadget-Fan
in mir … zunächst. Doch dann schoss mir die schreckliche Wahrheit in den Kopf.
Der Google-Glass-Spanner muss sich zumindest noch selber nackig machen und mit
der Brille auf den FKK-Strand gehen. Der Nokia-Besitzer behält den Schlüpfer
an, stellt sich in sicherer Entfernung auf einen kleinen Hügel, fotografiert
ganz unschuldig das Meer und zu Hause kann er dann zoomen, zoomen und noch mehr
zoomen. Natürlich, der Ornithologe hat damit auch die Möglichkeit, sein
Anschauungsmaterial bis unter das Gefieder zu
beobachten. Der Hobby-Gynäkologe aber eben auch.
Ob Nokia bewusst ist, was sie da anrichten? Ich sehe es
schon vor mir: Bannmeilen um Strände werden kommen und bei jedem neuen
Megapixel ausgeweitet werden. Hohe Zäune schützen den Hausbesitzer vor
Grashalmzählern, inkl. Abfanganlagen für Spielzeugdrohnen. Insbesondere Stars
werden hinter Sichtschirmen rote Teppiche abschreiten aus Angst, dass jede
Hautunreinheit morgen auf den Titelseiten prangt. Alternativ werden
Nebelmaschinen die Dörfer und Städte fluten, um Weichzeichner zu produzieren,
die einem David Hamilton die Tränen in die Augen treibt.
Auch das Kunsturhebergesetz muss grundlegend umgeschrieben
werden. War man bisher bereit Menschen als Beiwerk zu Fotos von Gebäuden und
Landschaften bei der Veröffentlichung zu akzeptieren, so dürfte ein Umdenken
erfolgen. Nur weil der Kölner Dom im Hintergrund steht sind die Passanten durch
zoomfreudige Zeitgenossen plötzlich schnell zum Mittelpunkt gemacht – in
Portrait-Qualität. Fotostudios sterben aus und das Matterhorn verkommt zum
wabernden Hintergrund.
Matterhorn konkurriert mit Schlafzimmer |
Vielleicht reichen 41 Megapixel noch nicht ganz aus für
diese Vision, aber wer sagt, dass die Technik gerade heute entschieden hat,
ihre Grenze erreicht zu haben? Die Physik mag tatsächlich Grenzen setzen. Aber
das dachten die Menschen auch schon bei Eisenbahnen mit Geschwindigkeiten an die 20 km/h, Digitalkameras mit einem Megapixel und bei links drehendem Joghurt.
Gut, dass sich Microsoft des Problems nun angenommen hat.
Findet Euer und Ihr
Caulius
P.S.: Klarstellung: Diese überspitzte Darstellung ist mein
Privattext und hat nichts mit meinem Arbeitgeber zu tun.
Echte Probleme bekommen wir erst dann, wenn Privatpersonen den Urknall ablichten ... und die NASA sich fragen lassen muss, wo denn die ganze Kohle geblieben ist, die sie für Weltraumteleskope ausgeben sollte.
AntwortenLöschenPS: Gemeint ist sicher der Ornithologe und nicht der Ontologe, richtig?
Der Ornithologe ist richtig ;-) Danke für den Hinweis. Ist berichtigt.
AntwortenLöschenSorry, ... bitte: ... "des Problems angenommen"
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