Donnerstag, 5. September 2013

Auflösung vs. Datenschutz



Auflösung vs. Datenschutz

Das Böse im Bereich Datenschutz hat einen neuen Namen. Waren es bisher Facebook, die NSA oder auch die Schufa, so muss die Welt umdenken. Ein neuer Stern ist aufgegangen und niemandem ist es bewusst: Nokia.

Pessimisten sahen ja bisher in Google Glass ein Problem. Medienwirksam verboten erste Restaurants Trägern dieser Brille den Zutritt, obwohl es sie eigentlich noch gar nicht auf dem Massenmarkt zu kaufen gibt. Als Risiko wird dabei weniger gesehen, dass der Träger unerkannt gerade auf der langweiligen Familienfeier einen Film sieht und deshalb so abwesend wirkt. Die reelle Gefahr ist die ständige Aufnahmebereitschaft mit der eingebauten Kamera. Google-Glass-Träger neben einem an der Pinkelrinne … keine schöne Vorstellung.

Doch das ist gar nichts gegen den real existierenden Datenschutzirrsinn von Nokia. Der hört nämlich auf den Namen Lumia 1020, ist ein Handy und kann Fotos mit 41 Megapixeln machen. Cool sagt da der Gadget-Fan in mir … zunächst. Doch dann schoss mir die schreckliche Wahrheit in den Kopf. Der Google-Glass-Spanner muss sich zumindest noch selber nackig machen und mit der Brille auf den FKK-Strand gehen. Der Nokia-Besitzer behält den Schlüpfer an, stellt sich in sicherer Entfernung auf einen kleinen Hügel, fotografiert ganz unschuldig das Meer und zu Hause kann er dann zoomen, zoomen und noch mehr zoomen. Natürlich, der Ornithologe hat damit auch die Möglichkeit, sein Anschauungsmaterial bis unter das Gefieder zu  beobachten. Der Hobby-Gynäkologe aber eben auch.

Ob Nokia bewusst ist, was sie da anrichten? Ich sehe es schon vor mir: Bannmeilen um Strände werden kommen und bei jedem neuen Megapixel ausgeweitet werden. Hohe Zäune schützen den Hausbesitzer vor Grashalmzählern, inkl. Abfanganlagen für Spielzeugdrohnen. Insbesondere Stars werden hinter Sichtschirmen rote Teppiche abschreiten aus Angst, dass jede Hautunreinheit morgen auf den Titelseiten prangt. Alternativ werden Nebelmaschinen die Dörfer und Städte fluten, um Weichzeichner zu produzieren, die einem David Hamilton die Tränen in die Augen treibt.

Auch das Kunsturhebergesetz muss grundlegend umgeschrieben werden. War man bisher bereit Menschen als Beiwerk zu Fotos von Gebäuden und Landschaften bei der Veröffentlichung zu akzeptieren, so dürfte ein Umdenken erfolgen. Nur weil der Kölner Dom im Hintergrund steht sind die Passanten durch zoomfreudige Zeitgenossen plötzlich schnell zum Mittelpunkt gemacht – in Portrait-Qualität. Fotostudios sterben aus und das Matterhorn verkommt zum wabernden Hintergrund.
Matterhorn konkurriert mit Schlafzimmer

Vielleicht reichen 41 Megapixel noch nicht ganz aus für diese Vision, aber wer sagt, dass die Technik gerade heute entschieden hat, ihre Grenze erreicht zu haben? Die Physik mag tatsächlich Grenzen setzen. Aber das dachten die Menschen auch schon bei Eisenbahnen mit Geschwindigkeiten an die 20 km/h, Digitalkameras mit einem Megapixel und bei links drehendem Joghurt.

Gut, dass sich Microsoft des Problems nun angenommen hat. 

Findet Euer und Ihr

Caulius

P.S.: Klarstellung: Diese überspitzte Darstellung ist mein Privattext und hat nichts mit meinem Arbeitgeber zu tun.

3 Kommentare:

  1. Echte Probleme bekommen wir erst dann, wenn Privatpersonen den Urknall ablichten ... und die NASA sich fragen lassen muss, wo denn die ganze Kohle geblieben ist, die sie für Weltraumteleskope ausgeben sollte.

    PS: Gemeint ist sicher der Ornithologe und nicht der Ontologe, richtig?

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  2. Der Ornithologe ist richtig ;-) Danke für den Hinweis. Ist berichtigt.

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  3. Sorry, ... bitte: ... "des Problems angenommen"

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